Im Gespräch Vorurteile über Bord werfen

Die AWO-Mitarbeiter:innen Yasemin Akkoc (li.) und Hüriyet Yilmaz im Gespräch mit den Teilnehmenden.

Es sind Erlebnisse, die die Betroffenen nicht mehr vergessen. Abwertende Blicke, Verdächtigungen, rassistische Beleidigungen – Erfahrungen, über die Menschen ungerne sprechen. Beim vielfältigen Begegnungsfrühstück, das das interkulturelle Team der AWO-Migrationsberatung (MBE) im Rahmen der internationalen Wochen gegen Rassismus 2023 in Kooperation mit dem Türkisch-Deutschen-Hilfsverein Gelsenkirchen organisiert, kommen Bürger:innen – jung oder alt, zugewandert oder alteingesessen, mit oder ohne Handicap –   zusammen, um sich im geschützten Rahmen auszutauschen. Im Gespräch können sie Grenzen überwinden, Vorurteile über Bord werfen und sich kennenlernen.

Persönliche Erfahrungen teilen

AWO-Mitarbeiterin Hüriyet Yilmaz stellt zunächst die AWO und das Projekt MBE vor. Eine Besucherin stellt dabei erstaunt fest, dass sie zwar schon seit 30 Jahren in Deutschland lebt, aber erst vor einem Jahr von der AWO erfahren hat. Nicht alle, die sich im Saal der AWO Paulstraße zum Begegnungsfrühstück getroffen haben, haben persönliche Erfahrungen mit Rassismus. Aber davon gehört, haben sie alle. So berichtet eine Dame von einem Erlebnis, das schon lange zurück liegt. „Ich wurde für eine Russin gehalten und freundlich willkommen geheißen“, erinnert sie sich an die Situation 2014. „Als man mich aber beim Gebet mit Kopftuch gesehen hat, wurde ich von allen diskriminiert. Am Ende bin ich dort weggezogen.“

 

Eine andere Frau berichtet, dass sie nach dem Bezahlen im Supermarkt an der Kasse kontrolliert wurde, ob sie etwas gestohlen hätte. „Meine Hautfarbe ist oft ein Problem“, sagt sie traurig. Warum sie diesen Security oder das Geschäft nicht angezeigt habe, wollen einige der anderen Teilnehmenden wissen. „Das Schlimme ist, dass eine andere Frau sogar versucht hat, mir zu helfen. Aber die Verkäuferin hat das nicht interessiert. Ich habe keine Anzeige erstattet, weil mein Deutsch damals noch nicht so gut war. Außerdem werde ich wegen meiner Hautfarbe oft nicht ernst genommen.“ Eine Frau mit türkischen Wurzeln berichtet von ähnlichen Erfahrungen. Auch sie wurde beim Einkaufen verdächtigt, weil es beim Herausgehen „piepste“. Dabei hatte die Verkäuferin nur vergessen, eine Sicherung abzunehmen.

Angeregt tauschen sich die Teilnehmenden aus.
Ein Überblick über die Herkunft des Wortes Rassismus
und seine Facetten.

Woher kommt dieses Denken?

Dass Rassismus sehr viele Facetten hat, wird durch die verschiedenen Berichte deutlich. Es kann eine Beleidigung sein oder in regelrechten Terror ausarten. Eine Frau – ebenfalls mit türkischen Wurzeln – berichtet von einer rassistischen Nachbarin, die ihr und ihrer Familie das Leben über Jahre zur Hölle gemacht hat. Der Gipfel war, dass diese Nachbarin den Kinderwagen der Familie anzündete. „Polizei und Anwalt haben nicht geholfen“, berichtet sie. Nach sechs Jahren zog sie schließlich mit ihrer Familie weg.

 

„Woher kommt dieses Denken?“ – Diese Frage beschäftigt die Gesprächsrunde. Die AWO-Mitarbeiterinnen Hüriyet Yilmaz und Yasemin Akkoc geben einen Überblick, woher der Begriff Rassismus stammt, wie er sich erkennbar macht, was er mit einem macht und wie man dagegen vorgehen kann. „Der erste Schritt muss sein, sich selber anzuschauen. Gehe ich mit meinen Mitmenschen neutral und respektvoll um?“, erklärt Yasemin Akkoc. Wichtig sei, sich zu informieren, sich interkulturell auszutauschen und aufmerksam zu sein. Wenn man eingreift, sollte man sich nicht selber in Gefahr bringen. „Werden sie laut, rufen sie um Hilfe, aber bitte schauen Sie nicht weg!“ Dass sie solche Vorfälle nicht einfach dulden und sich für ein besseres Miteinander einsetzen möchten, darin sind sich alle Teilnehmer:innen einig.

Ich bin gegen Rassismus, weil... am Ende präsentieren die Teilnehmenden ihre Gedanken gemeinsam.
Beim Frühstücken lässt es sich entspannt miteinander
ins Gespräch kommen.